Klerus 7

⑯ Aipar

Sowohl die Ilsarpanissen, wie auch die Olharcanerinnen hatten sich der Wohltätigkeit und der Nächstenliebe verschrieben. Die Unterstützung der Bedürftigen war im Grunde natürliches Gebot aller Gläubigen, umso mehr der organisierten. Im Bereich der Pflege von Alten und Kranken konkurrierten verschiedene der Verbände miteinander. Dabei lag der Schwerpunkt der Anhänger der Ilsarpan vielleicht mehr auf der Seelsorge und der der Olharcanerinnen eher auf der Krankenpflege, aber die Grenzen blieben naturgemäß unbestimmt. Es gab aber einen Bereich, in dem es in der Zeit vor der Khrasinvasion eine weitgehende Spezialisierung gegeben hatte, der der Medizin im engeren Sinne, unter Einschluss der Behindertenbetreuung und vor allem der Geburtshilfe. Nach der Zeitenwende hatte es hier die gewaltigsten Umbrüche gegeben. Die Khras waren wahre Zauberkünstler bei der Heilung von Krankheiten und der Unfallversorgung. Ihnen konnte offenbar nicht einmal die Göttin der Heilkunst höchstselbst auch nur im Entferntesten das Wasser reichen. Das mag die Ursache sein, dass Aiparan sich viele Jahrzehnte von Okhogondos fernzuhalten schien. Vielleicht brauchte man sie anderswo mehr. Und als dann mit Ende der fünfziger Jahre die flächendeckende Ausstattung nahezu aller Gemeinden mit den khrassitischen Medizin-Boxen einsetzte, erschien dies umso plausibler. Es brauchte keine niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte mehr, keine Krankenhäuser, und die Boxen ließen sich problemlos von medizinischen Laien bedienen. Es war eigentlich nur ein Problem der kommunalsyndikalen Verwaltung, darauf zu achten, dass die Boxen nach einem gerechten Schlüssel und gut erreichbar aufgestellt wurden und sie ständig jemand im Auge hatte und ihre Wartung sicherstellte.

Hlivo Lonkaim, 1922 Triton

Ein solcher jemand war Gabvín Zonalanema, von Beruf Hebamme. Da die Frauen es vorzogen, ihre Babies auch weiterhin auf die hergebrachte Weise auf die Welt zu bringen und nur ausnahmsweise, wenn ein Kaiserschnitt unvermeidlich war, in einer Medizin-Box, war dieser Berufsstand auch im Jahre 1964 noch nicht vom Aussterben bedroht. Da war Gabvín 89 Jahre alt, hatte einen festen Freund und sah für ihr Leben keine großen Veränderungen voraus. Die Anhänger der Aiparan waren nur ein kleiner Haufen, Heiler hatten eben keine Konjunktur. Als geistlicher Mentor wirkte der HP des Aishanan, Triton. Ein charismatischer Typ, aber eher auf Außenwirkung bedacht und mit groß angelegten Kampagnen zur Spendenbeschaffung hinreichend befasst.

Da geschah etwas Sonderbares, das ihre verschüttete Spiritualität entfachte und ihr Sendungsbewusstsein und Ausstrahlung verlieh. Sie betreute eine werdende Mutter, Qena Gonoram, 83, hatte ihr eine Blutprobe entnommen, die okhogondische Medizin war auch schon vor der Zeitenwende in der Lage, embryonales Erbgut zu analysieren ohne dafür Fruchtwasser abzapfen zu müssen, und hatte zuvor bereits eine Ultraschallaufnahme gemacht. Da vernahm sie eine Stimme in ihrem Kopf. Eigentlich waren es zwei Stimmen. Deren Ausdeutung und Verständnis zog sich einige Zeit hin, während der Gabvín versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Sie beendete die Untersuchung professionell und setzte sich erst im Nachhinein mit dem Erlebnis auseinander.

Embryonalgespräch 2. April 1964

Was Gabvín widerfahren war, war völlig anders als alles, was sie je über Begegnungen mit göttlichen Wesenheiten gehört oder gelesen hatte. Und trotzdem war sie sicher, dass die eine Stimme die einer Göttin und zwar die der lang vermissten Aiparan gewesen war. Sie war deutlich und klar gewesen und hatte sich als Lichtbringerin apostrophiert. Die andere, schwächere Stimme war kaum ausgebildet und hatte offenbar Artikulationsschwierigkeiten. Sie wollte wohl auch nicht mehr zum Ausdruck bringen, als ihre Zustimmung zu dem, was die Göttin mitzuteilen hatte. Und das war kurz und gut die Ankündigung, dass ein Gott die Absicht hatte, nicht bloß ephemer auf Okhogondos in Erscheinung zu treten, also nur auf kurze Zeit und meist auch nur Wenigen erkennbar, wie es sonst der Götter Eigenart stets gewesen war, sondern auf die Dauer eines Menschenlebens. Und der Gott, der sich da ankündigte, war eben das werdende Kind der Qena, das sich anschickte nach Ablauf der drei Jahreszeiten, die eine menschliche Schwangerschaft nun einmal währt, als Mensch das Licht der Welt zu erblicken. Welcher Gott genau diese Absicht verfolgte, hatte Gabvín nicht verstehen können, Aiparan hatte es nicht gesagt und des Embryos Stimme war halt etwas undeutlich, falls es seinen Namen überhaupt genannt hatte. Nun hatte jedenfalls Gabvín der präsumtiven Gottesgebärerin eine Ankündigung zu machen. Qena war etwas verblüfft, trug es aber „mannhaft“, so to say.

Gabvín Zonalanema, 1964 Ilithyia, Qena Gonoram,  1970 Ilithyia II

Noch im selben Jahr wurde Gabvín Zonalanema zur HP der Aiparan geweiht, ihr das baat ausgehändigt und ihr der Titel Ilithyia verliehen. Sechs Jahre später widerfuhr einer gewissen jungen Mutter namens Qena Gonoram dieselbe Ehre, ohne das baat selbstverständlich, und sie nahm den Titel einer Ilithyia II an.

Das besagte Kind müsste gegenwärtig 57 Jahre alt sein, was nach irdischen Konventionen einem reifen Lebensalter entspricht. Aber die Anguramer erwarten ja von ihren Sprösslingen erst mit etwa 80 Jahren einen Beitrag für die Gemeinschaft.

⑪ Isgradil

Baneyi om Loram, 1921 Mercur, Offenbarung 7. Januar 1921

Baneyi om Loram war Grübler, Nërd und Häcker, wobei es hier wirklich angebracht ist, alle drei dieser Vokabeln mit Tüddelchen zu versehen. Einer nie dementierten Legende gemäß, soll er es geschafft haben, in das quantronische Logbuch eines interstellaren Raumschiffs von seinem Kinderzimmer aus einzudringen und darin Recherchen anzustellen. Die allgemein zur Verfügung stehenden Datenbanken waren ihm natürlich bestens vertraut. Ihnen hatte er auch manches zu seinem eigenen Planeten entnommen, darunter die betrübliche Bestätigung, dass es hier keine weiteren Landmassen zu entdecken gibt. Okhogondos ist zu 94 % von Wasser bedeckt und dass es überhaupt die drei eng benachbarten Kontinente gibt, liegt nach Auffassung der khrassitischen Wissenschaftler daran, dass es einst das Eindringen eines großen kosmischen Körpers gegeben hatte, dessen Masse in den Planeten einverleibt wurde, wobei sich eine merkliche Beule bildete, die über den Meeresspiegel hinausragt und Heimstatt aller Okhogonder ist.

Dem aufgeweckten jungen Mann, zu dem Zeitpunkt keine 68, stellte sich im Jahre 1921 der Trickstergott Ecalan persönlich vor. Diese Begegnung war tiefgreifend und schicksalhaft und prägte sich Baneyi dauerhaft ein.

Gebośu Bopst, 1919-1944 Taumantia

Die Hekaten I bis III sträubten sich erst ein wenig, aber als er ihnen demonstrierte, was er aus den paraalchimistischen Ingredienzen ihre Hexenküche zu zaubern imstande war, willigten sie schnell in seine Erhöhung ein, stellten ihm formal den kläglichen Haufen der Aisdaraner zur Seite, wo ihn die soeben erst zur HP der Aiparan avancierte Taumantia, ebenfalls aus Emoram, unter ihre mütterlichen Fittiche nahm. Wie sie wählte er einen emoramischen Titel, Mercur. Anders als die meisten HP war er in die Präparation seines baat aktiv involviert.

Woloq Hulka,1923 Hermes

Hermes blieb stets ein besonderer Freund der Iriden, also neben der ersten Iris dann später auch der Iris II und III. Er hatte viel Langmut in den Auseinandersetzungen mit seinem Mit-HP bewiesen und sie hatten sich zwischenzeitlich zusammengerauft.

Mercur kümmerte sich wenig um die Taumantia, war auch während des aisdaranischen Interregnums nicht sonderlich hilfreich und wusste anfänglich auch mit der ersten Iris nicht viel anzufangen. Er zog sein eigenes Ding durch. Ihn beschäftigte, warum die Khras eine Informationssperre bezüglich bestimmter Themenkomplexe errichtet hatten. Er hatte recherchiert, dass es auf entlegenen Welten Wesen gegeben hatte, die sowohl die Kernspaltung, als auch deren Fusion als Waffen eingesetzt hatten und das waren offenbar Wesen gewesen, die als seinesgleichen hätten durchgehen können, Menschen eben und auch auf Okhogondos hatte es bis zur Ankunft der Khras einen kontinentweiten zerstörerischen Krieg gegeben. Hätte eine der streitenden Parteien über Atomwaffen verfügt, wären sie vermutlich auch eingesetzt worden. Insofern konnte er den Khras recht geben, nicht jede wissenschaftliche Erkenntnis zu jedermanns Verfügung zu stellen. Andererseits bewiesen die Khras tagtäglich durch ihr Straftäterermittlungs- und Verbrechensverhinderungssystem, dass sie zu sehr weitgehender Kontrolle imstande waren. Es musste mehr dahinterstecken, vielleicht etwas, worüber seine doch wohl eher subalternen Gesprächspartner selbst nicht informiert waren. 

Ihm gab zu denken, dass die Humanoiden unter den Khras sich kaum von den Okhogondern unterschieden und nach dem, was er den Datenbanken entnehmen konnte, stimmten sie auch genetisch zu großen Teilen überein. Die großen Unterschiede in der Lebenserwartung konnten mit Umwelteinflüssen zusammenhängen. Nicht alle Sonnen waren gleich und vielleicht genügte ein anderes Spektrum, den Alterungsprozess zu verlangsamen oder zu beschleunigen. Klar war jedenfalls, dass eine derartige genetische Übereinstimmung kein Zufall war. Die auswärtigen Humanoiden und die Okhogonder mussten miteinander verwandt sein und die Trennung der Populationen lag vermutlich noch keine 10.000 Generationen zurück.  Und da es offenbar innerhalb und außerhalb des Imperiums viele Welten mit menschlicher Bevölkerung gab und sie irgendwie dorthin gelangt sein mussten, vermutlich zusammen mit zahlreichen Pflanzen und Tieren, musste es eine große Aussaat gegeben haben. Darüber fand er keine wirklichen Informationen. 

Und diese Aussaaten mussten koordiniert worden sein. Der gewaltige Aufwand für eine derartiges, viele Jahrtausende umfassendes, konzertiertes Großprojekt musste von irgendjemandem bezahlt worden sein und das setzte eine starke Motivation, irgendeine Rechtfertigung voraus. Investoren mussten überzeugt worden sein, dass sich die Sache für sie lohne.

Mercurs Gedanken gingen noch weiter. Im Licht der neu gewonnenen Einsichten stellte er sich vor, dass die anguramischen Götter, die ja ebenfalls in menschlicher Gestalt auftreten, vielleicht tatsächlich Menschen sind, technisch aber genauso fortgeschritten wie die Khras, vielleicht sogar weiter und sich vor den Agenten des Imperiums aus guten Gründen verborgen halten. Vielleicht waren sie einmal aus einer oppositionellen Fraktion innerhalb der frühen Khrassiten hervorgegangen. So viele Vielleichts.

Er hatte auch mit Anteilnahme die khrassitischen Bemühungen um das Verständnis der Theophanie verfolgt und Hestia I bedauert, die sich zu diesbezüglich Experimenten hingegeben hatte.  Der Vorgang zeigte jedenfalls klar, dass die Khras versuchten, den Göttern auf die Spur zu kommen.

Und überhaupt die Götter. Meist waren sie ja abwesend. Mochte es sein, dass sie noch viele andere Welten betreuten?

Gern hätte er sich mit Ecalan, besser noch mit Isgradilan oder auch gleich mit Aracan selbst darüber unterhalten.

Da er ein solches Gespräch nicht erzwingen konnte dachte er über ein heimliches Zusammentreffen mit anderen HP nach, die zu einer Geheimkonferenz aller, die für das Wohl Okhogondos‘ Verantwortung tragen, führen mochten. Aus naheliegenden Gründen konnte der Chronist hierüber weiter nichts in Erfahrung bringen.

Mhouźadom Zanoram, 1968 Maia

Was die frühverstorbene erste Hestia immer erträumt hatte, einmal selbst die Reise zu den Sternen anzutreten und sich mit Wissen ohne Ende vollsaugen zu können, das war der Mhouźadom Zanoram von Haus aus beschieden. Ihre Großmutter selig hatte vor der Invasion einem ziemlich ausgedehnten Handelsimperium vorgestanden und nach der Zeitenwende rasch erkannt, dass Distribution und industrielle Produktion fürderhin die Springquellen des Reichtums nicht mehr zum Sprudeln bringen würden. Sie setzte früh voll auf Dienstleistung und gründete ein Reiseunternehmen, das seinen Schwerpunkt auf die Betreuung zahlungsfähiger Fremdweltler legte, also auf khrassitische Touristen.

Sicher, das ganz große Geschäft mit der Erschließung neuer Welten als Reiseziel machten natürlich darauf seit Jahrhunderten spezialisierte khrassitische Firmen, aber für die einheimischen Kenner der Gegebenheiten fiel noch genug ab. Schon der Sohn der Gründerin erweiterte das Geschäft um die Kreuzfahrtbranche. Okhogondos ist ein stark gegliederter Kontinent, der viele Landschaftsformen bietet, die aus allen möglichen Perspektiven gerade vom Wasser aus zu beeindruckenden Panoramen aufwachsen können. Das Reisen mit langsam fliegenden Luftfahrzeugen mit Heliumauftrieb und Städtetrips gehörten ebenfalls zu den gern gebuchten Programmen.

Dazu kam, dass die Betätigung als Reiseveranstalter das Knüpfen vielfältiger Kontakte notwendig erzwang und dass die Eltern der kleinen Mhouźadom die Bildung als die wichtigste in diesen neuen Zeiten zu erlangende Ressource betrachteten. Der Großkapitalistentochter wurde die Traumerfüllung somit nachgerade in die Wiege gelegt. Wo andere Jugendliche ein Studiensemester in einem benachbarten Land absolvierten, vielleicht des besseren Spracherwerbs  wegen oder weil die dortigen Schulen in dem einen oder anderen Fach als besonders exzellent galten oder weil der Abschluss bei dieser oder jener den Zugang zur Elite verhieß, da machten es das Geld und die Kontakte der Familie Zanoram möglich, dass Mhouźadom tatsächlich in einem interstellaren Raumschiff zu einem khrassitischen Universitätsplaneten reiste und dort ein Vierteljahrhundert einem ziemlich umfassenden Studium widmen konnte.

Sie lernte gern und schnell, hatte eine gute Auffassungsgabe und meisterte vor allem rasch die Feinheiten der galaktischen Verkehrssprache, dem Khras. Dabei ließ sie sich von einem Bild leiten, das ihr einmal einer der Lehrkräfte vermittelt hatte. Es bezog sich auf Menschen auf einer Fläche, die nach Wissen Ausschau halten. Manche beginnen damit, Löcher zu buddeln, immer tiefer, bis sie aus dem resultierenden Loch nicht mehr über dessen Rand blicken können. Anderen schlendern umher, werfen hier einen Blick hin und dann wieder dort, erfassen nur oberflächliches. Es schien ihr wichtig, die Balance zu halten zwischen einem Spezialistentum, das sich bemüht, tiefer zu schürfen, um zu den Wurzeln zu gelangen, und einem Generalismus, der sich scheut, auch nur gelegentlich ein Werkzeug anzusetzen, aus lauter Sorge, den Überblick zu verlieren.

Die besagte Lehrkraft hatte formuliert, ein Spezialist sei jemand, der von immer weniger immer mehr weiß, bis er von nichts alles weiß, und ein Generalist einer, der von immer mehr immer weniger weiß, bis er von allem nichts weiß.

So konzentrierte sie sich auf einige Wissensgebiete, Themen die sie besonders interessierten, innerhalb derer sie sich orientierte und dann in einige Bereiche etwas tiefer eindrang, aber wechselte dann auch wieder vollständig in ein ganz anderes Fach und eignete sich auf diese Weise, ein, wie sie es selbst gern ausdrückt, solides Halbwissen an.

Mhouźadom Zanoram   kam im Jahr 1968 auf ihren Heimatplanten zurück und es bedurfte keiner großen Diskussionen, um sie zur HP der Isgradilan zu ernennen, ihr das baat einzuhändigen und ihr den Titel Maia zu verleihen. Garanten dafür, dass sie die Rangerhöhung nicht nur dem Geld ihrer Eltern zu verdanken hatte, waren Hekate VI und Athene II, und für das baat legte noch einmal, ein vorletztes Mal Hekate I mit Hand an.

Mit ihren Geldquellen, ihrer Reputation als Wissenschaftlerin und ihrem enormen Einsatz reformierte und revolutionierte die Maia das okhogondische Bildungssystem, beginnend von den Kinderaufbewahrungsstätten bis hin zu den Forschungsakademien.

Voyonha Nomum, 1977 Hermes-Mercur, Woguza Zelakuq, 1979 Maia II, Omha Moru, 1987 Maia III

Weil die Maia viel von der Förderung junger Talente und Delegation von Verantwortung hielt, trug sie zur Ernennung des Voyonha Nomum zum HP des Ecalan bei, der den gemischten Titel Hermes-Merkur annahm, ernannte elf Jahre nach ihrer Inthronisierung die 93jährige Woguza Zelakuq zur HP der Isgradilan mit dem Titel der Maia II, und machte neun Jahre darauf die 69jährige Omha Moru ebenfalls zur HP mit dem Titel Maia III.

Es ist bekannt, dass die drei Maien sowohl mit Mercur, wie mit Hermes und Hermes-Mercur gut zusammenarbeiten und auch enge Kontakte zu den Iriden der Aisdaran unterhalten. Immer wieder kommt es offenbar auch zu Begegnungen mit Enyo, mittlerweile auch Ares II und Enyo II und auch Apoll, Artemis und Leto scheinen ein- und auszugehen. Ob hier womöglich eine klandestine Gegenmacht zu den omnipotenten Khras heranreift? Das kann der Berichterstatter nur mutmaßen.

Schlussbemerkungen

Verschwörungstheorie

Als jemand, der gehalten ist, trocken und nüchtern darzustellen, wie es gewesen ist, obliegt es mir nicht, eigene Gedankengänge vorzutragen. Doch dieser Mercur, er regt mich furchtbar auf. Er irrt sich und auch wieder nicht. Er sieht hinter allem stets nur nacktes Gewinnstreben und offenbare Bosheit. Wer aber weiter denkt, erkennt dass es des personifizierten Bösen nicht bedarf. Die einfache Sogewordenheit, eine die ins Rollen und Rutschen geratene moralische Abwärtsbewegung begünstige Struktur, ist hinreichend. Obwohl andererseits … ungelöst ist das Phänomen des die erste nachschismatische HP besessenen Dämons.

Ecal! Hätte doch dein erster HP einfach mich gefragt. Er ist auf der verzweifelten Suche nach einem Motiv und vermag offenbar nur, in Kosten-Nutzen-Relationen zu denken. Diese Vorfahren der Khras, egal ob selbst Menschen oder Wesen anderer Beschaffenheit, sie hatten den Hunger beseitigt, hatten das Energieproblem gelöst und alle Krankheiten, vielleicht den Tod selbst besiegt. Waren zu Göttern geworden. Was blieb ihnen denn anderes als ihre Neugier und ihr Spieltrieb. Dann bedurfte es nur noch des Nachlassens von Ethik und Moral, um den Gedanken reifen zu lassen und den Plan zu fassen und schließlich in die Tat umzusetzen, alle geeigneten Habitate mit Menschen zu besiedeln.  Wenn sie zuschauen wollten, wie sich menschliche Kulturen über immer neue Welten ausbreiten und ausprobieren wollten, welche davon sich den jeweiligen Gegebenheiten auf welche Weise anpasst, wer hätte sie hindern, wer ihnen wehren, welcher Imperativ hätte ihnen den Weg versperren sollen. Statt von derlei Ursachenforschung das Heil zu erhoffen, solltet ihr mutmaßlichen Gegenverschwörer die schon gefasste Eingebung aufgreifen: Irgendwann gab es vielleicht Gegenströmungen, einige der Versuchskaninchen erkannten vielleicht, was ihnen getan wurde und vielleicht sympathisierten einige der gottgleichen Experimentatoren mit aufkommenden Aufstandsbewegungen. Ihr solltet jemanden einbinden, der sich vielleicht unterhalb eures Radars bewegt, euch an die Ilithyien wenden und euch nach dem Wohlergehen des Sohns der Nr. II erkundigen. Mag sein, dass er euch Antworten weiß.

Sprachentwicklung

Nun aber zu den sprachwissenschaftlichen Anstößen, die sich der Lektüre des Vorgetragenen entnehmen lassen: Zunächst fällt ins Auge, dass nur drei der vielen Namen mit stimmlosem Plosiv anheben, und es ist jedesmal der Bilabial (reimt sich). Und von den Ausnahmen sind es mit Sicherheit zwei, mit denen ihre Mütter die Protagonisten nicht gerufen haben, Pauro und Paino. Schon weil anlautendes <p->, wie eben auch <k-> und <t-> im Anguram sonst gar nicht vorkommt (die weitere Ausnahme ist eben auch hiervon die Ausnahme). Stabreim und Skandos fügen diese Namen zu einer Parole zusammen und sind so mit Sicherheit erst nach der Paarbildung der beiden Namensträger aufgekommen. Waren es ursprünglich Kosenamen der Verliebten füreinander? Das sind doch die wirklich bewegenden Fragen. Und als auch allgemein an der Evolution von Sprachen Interessierter fällt dem Kompilator, während er die Fülle der Namen vor seinem geistigen Auge vorbei defilieren lässt, auf, dass sie, soweit es sich um solche anguramischen Ursprungs handelt, eine ältere Entwicklungsstufe spiegeln. Kennzeichnend dafür ist z. B., dass anlautendes <c-> gar nicht und anlautendes <q-> nur einmal vorkommt. Es könnte verlockend sein, den Gründen für diesen Prozess nachzuforschen.

In diesem Sinne verbleibend mit hochgeschätztem Dank, dass ich eure Aufmerksamkeit für eine Weile bannen durfte.