In den Geschichten über das geheimnisvolle Land Ukhbar von Luis Borges werden die Hrönir erwähnt, Gegenstände, die verschwinden und wieder auftauchen, auch sich verdoppeln etc. Tolkiens Geschichte von der Sitte im Auenland, Gegenstände weiter zu verschenken, so lange, bis niemand weder den ursprünglichen Zweck der Dinge mehr kennt noch den Erstschenker oder Erstbeschenkten. Wenn ich bedenke, wie viele nützliche und weniger nützliche Dinge, teils echte Kunst- und Kultobjekte, Marina und ich in den letzten 20 Jahren in den gesellschaftlichen Kreislauf integriert haben. Viele davon sicher im Müll gelandet, manche aber auch von irgendwem irgendwo geschätzt verwahrt. Heute gebe ich das Gefährt des Astronauten der Öffentlichkeit preis. Der nie trocknenden Silberoberfläche vermochte der Zahn der Zeit keine Härte zu verleihen. Wem das wohl zukömmt?
gerne möcht ich ihr gestehen
was so ängstlich ich verberge
es wird wohl wieder nicht geschehen
dass ich offen um sie werbe
denn ich weiß ja sie will frei
möchte ungebunden sein
und so bleibt es denn dabei
bin verliebt und doch allein
bleibe bei mir lass mich schwelgen
in deiner liebe zärtlichkeit
hingegeben immerdar
deiner hände scheuem spiel
liebling mit dem feuchten haar
ungehört von meinen schwestern
verhallt der schrei
viel zu nah und lange
stand ich am ufer des sees
worin der stolze kranich fischt
mein spiegelbild darin
unvermutet plötzlich
lässt mich schwindeln und das stürzen fürchten
das zum ertrinken führt
schwerer winde heulen
lässt starker schwingen brechen ahnen
der fall ins wasser
erst so sanft
der sommerwarmen fluten wegen
endet tödlich viel zu leicht
wie ein sonnenstrahl im regen
der sog von überraschten tiefen
lässt mich vom grund zum letzten mal
ganz hell den blauen himmel sehen
um dann in wissendirrer qual
mit mir ins schattenreich zu gehen
verfallen
wort mit doppelsinn
trugbild alt wie menschen
wilde tiefe schönheit
greifbar hinter fremden augen
lockt an das ufer
verdichtet sich aus wirrem nebel
und findet langsam zu bekannter gestalt
mit wachen sinnen sitzen und schweigen
mit zuckenden sinnen hellwach wie im traum
großer frieden und sonne darüber
verharrend genießen eigene untat
die welt genießen in sich zuhaus
blauender morgen noch ungepflückt
erfüllung finden am ende der fragen
der fragen ledig gesang erheben
grünes laub das wohlig erzittert
mumien
jahrtausende alt
hirnlos ausgeweidet einbalsamiert
warten geduldig schimmelnd
auf die prophezeite auferstehung
giftig und bitter wie die salben
ist die erfahrung
dass tote zu staub zerfallen
ungeweckt
lange bevor der letzte morgen dämmert
dat s værbi is gån is weg
wat dår mål an schrillklang weer
un den dålslågn bangen blick
kenn ik ok op mål nich meer
wat dår ris in t ingedöm
is n unnæmt wolgeföl
ån ne klær un sünner form
dat is sünnschin in min seel
gå ik dær min heimatstadt
poorn un ogen rëten åpen
röppt t luthals int binnerst mi
welt un ik wi hört tohopen
wenn k mi fråg wå t angån kann
dat ik bün vull frëden nu
fallt mi dat mit eenmål in
minsch marina dat weerst du
der junge kam von rechts wie er konnte
und war ein wenig blind wie kinder sind
doch schuld trug ganz allein
der mann im auto
das aus der auffahrt rausgeschossen kam
der junge wohl im schock
gab keinen laut des schmerzes
und schrie ich hab mir nichts getan
er nahm sein rad und schob davon
der fahrer stand noch lang und bebte
wir anderen sahen uns nur schweigend an
wer sich an die stirn setzt
wird schon wissen warum
lebendige feuchtigkeit glitzert schüchtern
auf den rändern deiner lider
die im schlaf eng beieinander ruhen
sich zärtlich gegenseitig berühren
feucht ist die erde vor deinem haus
die den sträuchern die knospen öffnet
feuchtigkeit ist auch zwischen meinen schenkeln
wenn ich bei dir gelegen habe
wie in der schweren erde
wo sie zurückblieb nach langem frost
getautes eis
nach langer kälte dem winter zu zeigen
was von seinem langen besuch zurückblieb
das grün dass er selbst zu erfrieren suchte
nährt er jetzt mit den strömen lebendiger feuchtigkeit
warte nicht
bis die situation sich ändert
das geschriebene wort duldet keinen widerspruch
warte nicht
bis wir uns besser fühlen
die bequemlichkeit hält ständig
vergessen für uns bereit
warte nicht
bis ich nach dem grunde deines schweigens frage
ich bin genauso einsam
warte nicht
bis ich sprechen kann
ich habe angst
du willst mich nicht hören
warte nicht
bis bücher und fernsehen uns lücken lehren
noch sind wir lebendiger und stärker
warte nicht
bis ich dich bitte
nicht fortzugehen
ich werde es kein zweites mal sagen
aber warte auch nicht
bis ich leer für dich bin
wenn du gehst gehst du in frieden
warte nicht
auf den neuen morgen
er hat immer bereits begonnen
warte
wenn du nicht anders kannst
ich liebe dich
endlos weit ist der himmel
zu dem wir schreien
wolkenbänke besetzt von leere
harren der kinder mit gelbweißem haar
doch endlos zu eng all dem leben
das wir speien
die lüfte flutend wie die meere
weißt du das nicht geliebter narr
halt mich wenn ich falle
lach nicht wenn ich lalle
und hilf mir auf die beine
ne zeitlang mit auf deine
an diesem kalten morgen
hab ich viel angst um dich
ich sitze hier und warte
was machen kann ich nicht
mag sein dass dein freund recht hat
was zärtlichkeit betraf
ich wusst es halt nicht besser
heut find ich keinen schlaf
dies angebot von nähe
die ich sonst gerne hätt
ist anders als der frieden
teilst du mit mir das bett
das gespräch
ist eine kleine insel
auf der nicht jeder
schiffbrüchige platz hat
denn die sprechen
lassen die anderen
weiterschwimmen
und notfalls
auch ertrinken
der sog lauert erbarmungslos
überall findet er mich
in den letzten verschlossenen raum
ist er mir hungrig gefolgt
es hat keinen sinn weiter wegzulaufen
es gibt keine inseln mehr
ich will niemandes leben aussaugen
ich kann mich nicht allein vor dem sog schützen
keine adresse war ihm zu verborgen
keine mauer zu dick
kein geflüster zu leise
aber außer mir hat kein mensch interesse
jedenfalls nie über die zeit eines gemeinsamen lächelns hinaus
mich vor dem fressenden loch zu beschützen
meine kalten hände lege ich zu wärmen
an deinen leib
das vertrauen auf die erlaubnis
dich zu berühren
hat mich mutig gemacht
deine abwehr reizt mich
tieferes einverständnis voraussetzend
ich hoffte du würdest heimlich genießen
dass du mir das gefühl gabst
attraktiv für dich zu sein
trotz deiner spröde liebst du mich
und brauchst meine kalte berührung
wüsstest du ich käme nicht wieder
könntest du nicht schlafen
meine neckerei würde dir fehlen
ich brauche keine angst zu haben
dich zu verlieren
Meine fremde Schwester, unfreiwillig teilst Du mein Zimmer und mein Leben. Unendlich älter als ich, und dennoch keine sechs Wochen alt, warst Du als wir uns trafen. Deine Augen schwarz und unergründlich weise und hilflos wie die eines Menschenkindes ließen vergessen, daß Du mir so fremd warst, als wärst Du Gast aus einer anderen Zeit oder aus einem anderen Sonnensystem. Dein Herzschlag in meiner Hand – ich danke Dir für Dein Vertrauen – ließ mich fürchten, daß Du aus Angst vor mir sterben könntest. Als Du allein zu essen lerntest wäre ich fast geplatzt – vor Stolz über das von mir begünstigte Wunder. Grausam und gerecht verspeistest Du Regenwurm und Raupe – ohne Unterschied – Deine filigranen Federn und meine schweineähnlichen Borsten aus rosiger Haut. Alter-Ego Dein Schrei nach der verlorenen Freiheit brach mir fast das Herz – so laut hat noch niemand danach gerufen den ich sonst kenne. Hinter schmutzigen Fensterscheiben bist Du fast gestorben an der Sehnsucht nach Sonne, Freiheit, Zärtlichkeit und Essen – diese Bedürfnisse kenne ich auch. -Trotzdem, auch wenn ich es selbst nicht kann – immerhin brachte ich Dir das Fliegen bei und Deinen Schnabel habe ich auch repariert. Bitte, versuch Dich daran zu erinnern, wenn Du im nächsten Frühjahr Deine ersten Kinder großziehst. Irgendwie bin ich doch fast ihre Tante. Vielleicht fliegen und singen sie dann ein bißchen für mich mit.
Peinlich, weil kitschig, aber trotzdem ich.
kindchens haare fangen sonne
wenn zwischen zweigen
den traurigen armen
gelbe strahlen locken treffen
die weide lächelt glücklich tänzelnd
grüne finger liebkosen das kind
silberblätter spinnen leise
sommerträume mit dem wind
meine schatten kühlen dich
doch ich rufe dich vergebens
sehe dir von weitem zu
freu mich deines wachen lebens
aufstehen in der hoffnung
diesen tag am abend
wieder mit nach hause zu nehmen
wie jeden tag
die hoffnung auszuhalten
während ihre herrschaft
aus meiner zeit
in dieser zeit
mit meinem leben
eine graue suppe kocht
die fähigkeit zu leiden
warnt vor dem vergessen
wie schmerz
vor weiterer verwundung warnt
und wut den gedanken
zu kämpfen weckt
ich habe nicht genug tage
um sie ein ganzes
entfremdetes leben lang
für etwas betäubung meiner angst
an menschenfresser zu verkaufen
ob du warm und weich bist
ich weiß es nicht
wenn dein weg
nicht so weit von meinem ist
dann solltest du mir sagen
ob ich ein stück
mit längs kommen soll
das geht dann schon irgendwie
egal ob er nun
über sand oder steine führt
über gras oder moos
auch über beton
oder barfuß über glasscherben
folgte ich meinem gefühl
käme ich mit
selbst wenn ich wüsste
dass es ein holzweg wäre
ich denke also bin ich
ich dachte ich wäre
altun ist tot
biermann ist ein opportunistisches schwein
in ihm hasse ich die eigene feigheit
hass ist das einzig ehrliche gefühl
das mir geblieben ist
solidarität ist fiktion
selbstbetrug aus kindlichem
heileweltwunschdenken
Anfang Mai vertrieb uns der im Radio angedrohte radioaktive Regen von den Gestaden der Ostsee. Schönes Wetter hatten wir zuhause beim Renovieren d. Küche (Waschmaschine, Fußboden, Teppich, Wände). Mit Töle zu dritt haben wirs Ende Mai noch mal gewagt. Kalt wars am Strand. Aber das Feuer hatte nichts an Faszination verloren und wir hätten gern länger Urlaub gehabt (wenn uns nicht die Bullen von unserem Standort vertrieben hätten). Landschaftsschutzgesetz erlaubt AKWs aber keine Menschenscheiße auf Flurstücken außerhalb von Campingplätzen. Und dann hatten wir Juni und den Hamburger Konvoi mit den entfesselten Prügelbullen + dem Hamburger Kessel mit der neuesten Demoverhinderungsvariante. Danach aber stand es 2:0 für meinen Fluchtinstinkt.
Ich, du, es, tun, dulden [(er-)leiden], (bleiben) lassen.
Gedanken zur Sechswortsprache:
Sie erlaubt nicht, sich vom Konkreten zu lösen. Ein Satz ist erst vollständig in der außerverbalen Verknüpfung mit seinem Gegenstand. Und er behält nur Gültigkeit, solange die Situation, die ihn provozierte, andauert. Innerhalb dieses Rahmens aber besitzt er Aussage, beschreibt und steuert Verhalten. Ich bin, ich mache, ich will, ich mag, ich möchte, ich liebe, ich hasse, ich kann... all dies ist OMMA. Der Aufruf an alle, es jetzt zu tun ist MA*) die Aufforderung an einen Einzelnen HUMA, das beiseiteschiebende „lass mal Papa ran“ ist wieder OMMA und die feinsinnig schlaue Überlegung, ob man es nicht einem anderen überlassen könnte, gerinnt zu ELMA? Subjekt, Prädikat, Objekt...gewiss, aber wie festmachen, wenn OMMAEL, ELMAEL, MAELOM? Und zweimal EL ist natürlich ELEL.
Die Verneinung. Aber ja, ist reichlich vorhanden. Lass! wird NA! Hier kann MA zum Hilfsverb werden: HUMANA, HUNA, HUNAMA! Kommt das Pferd? MAEL? Nein, es kommt nicht. ELNA, ELMANA, ELNAMA. Wozu das RI? Nun damit kann man sich über gegenseitige Absichten Verständigen. OMMAHU HUMAOM könnte ja sehr wohl die Aufforderung zum Streit sein. Auch OMMAHU HUNAMAOM ist ne ganz schöne Anmache. Die Vervollständigung OMMAHU HUNAMAOM HUMAOM OMNAMAHU klingt ein wenig umständlich. Daher bietet sich für die Liebeserklärung wie auch für tausend andere Situationen die Benutzung von RI an: OMMAHU HURIOM oder besser HURIOMMA?
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*) Bei feinerer Differenzierung wäre auch HUHUMA denkbar. Eine Verwechselung mit „Kümmer dich um deinen eigenen Dreck“ ist nicht nur aufgrund der Situation unwahrscheinlich, sondern auch aus dem Grund, weil letzteres eher HUMAHU lauten müsste. Was natürlich auch positiv gemeint sein: „Du kannst dich unbesorgt mit deinen eigenen Angelegenheiten beschäftigen.“ Der Ton macht die Musik. Immer aber bleibt die Frage der Auslegung. Alle Formen sind wandelbar. Besonders deutlich wird dies bei Verbindungen wie MARINA, man soll sich nicht als Objekt benutzen lassen oder handeln, dulden, unterlassen, mithin die Gesamtheit aller möglichen Verhaltensweisen?
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Eine weitere Variante von ich liebe dich: OMRIHU. Ein Gruß: HUMA. Eine Erkundigung, was machst du? HUMAEL? Antwort: OMMAEL. Aha. Für die Schreibe wäre es vielleicht sinnvoll, Partikel wie das da, hä?, OK irgendwie auszudrücken, etwa !, ?, mh. Aber die Sechswortsprache ist ja keine Schreibe, Gottseidank! Spielst du mit mir? OMUMA? MAEL? EL! Der Strauß spinnt. EL NAMAMA oder EL MANAMA. Wir sollten ihn bremsen. OMUEL EL NAMAOMHUEL, besser wohl: OMHUEL NAMARI EL. Ich rauche eine Zigarette OMMAEL. Gibst du mir auch eine? HUMAELOM? Ich hab keine mehr, aber du kannst an meiner ziehen: HUNAEL HUMAOMEL.
OM
NA HU
RI EL
MA
OMNAMA EL OMMA ... ein solcher Satz ist ohne Wissen um den augenblicklichen Verwendungszweck unübersetzbar. Aber es macht Spaß, einen Satz aufzuschreiben, um dann eine Situation zu erfinden, in der er Sinn gibt. I don't know where I have to go. Ich mache nichts, es macht mich. Ich kenne es nicht, aber ich möchte ihn gerne kennenlernen. Am Aschermittwoch ist alles vorbei; ELNAMA. RI ist doch seltener, als ich dachte, oder denke ich gerade keine RI-Sätze? Ich bin krank; OMRIMA. Es kann noch viel gedacht werden. Wieso hat die Sprache keinen Namen? Sie heißt EL. Ich spreche EL: OMMAEL, du nicht: HUNAMAEL. Was natürlich auch heißen kann ich mache Unsinn aber was machst du nicht alles! Wache ich oder träume ich: OMMAOM? OMRIOM?
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Nun heißt ja alles, wenn man über es spricht, von ihm spricht EL. Dies schadet nichts, sofern EL ein Ding ist, das (man) mit Händen greifen, mit Fingern zeigen kann. Vielleicht sind aber gewisse Abstraktionen doch sowohl erlaubt, als auch wünschenswert. Eine Unterkategorie von EL etwa wäre, das, was zwei machen. EL, ELELMA was auch, was viele tun bedeuten könnte. Aber natürlich auch 1000 andre Sachen. Etwa: Er ist viele Steine klopfend, Er zeugt Kinder. Was weiß ich. Oder auch Liebe. Dürfte aber häufiger in der Form EL OMHUMA vorkommen.
Die Gesellschaft = OMHUEL! Sie ist beschissen = EL UMHUEL NAMAMA! Wir können sie ändern = OMHUEL MA OMHUEL NA NAMANA! oder OMHUEL NARI OMHUEL NAMAMA! oder OMHUEL MA OMHUEL MAMA. Darin aber zeigt sich auch die Selbstverständlichkeit der Aussage: Wir können uns ändern. Wie aber nun in einer Klassengesellschaft?
OMOM NARI ELEL MA OMHUEL NAMA.