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Anarchisten aller Bundesländer, vereinigt euch!

Ein Gespenst geht um in Europa - das Gespenst des organisierten Anarchismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, einige anarchosyndikalistische Päpste, die neuen Zaren im Kreml, Schmidt und Carter, die trilaterale Kommission, das natio-nale olympische Komitee, Cohn-Bendit, Horst Mahler und der Staatsschutz... der sozialdemokratische Staatsschutz...

Nutzt alles nix!

Seit Ostern lassen wir die organisierte (!) Sau raus. Wir, der undogmatische Teil der bisherigen "Initiative" Freie Arbeiter-Union, hatten keinen Bock mehr auf Schreibtischrevolution und Weimar-Revival (Traditionsverein?) und haben auf unserem nationalen Oster-Kongreß beschlossen, der "Initiative" in ihrer bisherigen Form den Garaus zu bereiten und auf neuer, breiterer Basis die F.A.U. zu gründen. Warum? Aus Langeweile? Nö - im Gegenteil! Wir hatten und haben so viel zu tun, daß wir uns nicht auch noch mit den Gralshütern und Konkursverwaltern des deutschen Anarcho-Syndikalismus herumschlagen wollten, die in den letzten Jahren der "Initiative" mit ihrer Fixierung auf das, was sie "Betriebsarbeit" nennen, mehr geschadet als genützt haben.

Was war die Initiative Freie Arbeiter Union?

Ein 1977 gegründeter Zusammenschluß von anarchistischen und anarcho-syndikalistischen Gruppen in der BRD, die ihre Arbeit ausschließlich auf die Organisierung einer "neuen" anarchosyndikalistischen Gewerkschaft richteten. Dabei griffen sie auf Strukturen und Analysen der Weimarer Republik zurück, die sie schematisch (und damit falsch!) auf die heutigen Verhältnisse übertrugen. Alle Ansätze, die über diesen einseitig facharbeiterorientierten Rahmen hinausgingen - also: Einbeziehung der Massenarbeiter, der Nichtarbeitenden, Hausfrauen, Rentner, Schüler und Studenten, sowie die Einbeziehung anderer Arbeitsgebiete, AKWs, Repression, Frauen usw. - wurden zwar auf Druck der Basis her kurzfristig "zugelassen", alsbald aber wieder abgewürgt - was zur Folge hatte, daß die aktivsten und politisch erfolgreichsten Gruppen und Einzelpersonen der IFAU diese nach kurzer Zeit immer wieder verließen. Die Solidarität der Schreibtische funktionierte eben doch immer noch besser als die spontane Solidarität der Basis. Das hat sich nun geändert.

Was ist die FAU?

Der ständigen Kontrolle der anarchosyndikalistischen Bürokraten entglitten, entwickelten einige Ortsgruppen eine eigenständige politische Praxis, die sich immer mehr vom Scheuklappen-Syndikalismus zu einer an den heutigen Verhältnissen ansetzenden revolutionären, kreativen (und noch einen oben druff!) geilen Politik hinbewegt hat, in der WIR UNS als Personen (politische Menschen) auch wiederfinden können. Das heißt, wir versuchen überall dort, wo die Widersprüche des Systems aufbrechen und sich in Widerstand umsetzen, die Kämpfe voranzutreiben - dort, wo noch kein Widerstand greifbar ist, sie zu entfachen. Dies umfaßt bis jetzt folgende Arbeitsgebiete:

Kampf gegen AKWs und Umweltverseuchung

Repression (Knast, Klassenjustiz, Unvereinbarkeitsbeschlüsse, Berufsverbote, Hochsicherheitstrakt, Gesetzgebung, Computerisierung etc.)

Antifaschistische Arbeit

Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit

Antimilitarismus

Frauenunterdrückung

Internationalismus

Jugendzentrumsbewegung

Situation ausländischer Frauen und Männer in der BRD.

Natürlich leiden wir nicht an Größenwahn und behaupten, alle diese Arbeitsgebiete jetzt schon wirklich umfassend und kontinuierlich anpacken zu können. Doch wir wissen aus unserer Erfahrung (Geschichte), daß wir dies nur gemeinsam mit anderen libertär organisierten Gruppen schaffen können, denn wir sind (zum Teil seit 67!!!) immer wieder mit unseren eingeschränkten Konzepten, Arbeits- und Informationsmöglichkeiten gescheitert oder wurden zerschlagen. Es gibt also erst einmal nur unterschiedlich weiterentwickelte Ansätze für die geschilderten Arbeitsbereiche, die es in größerem Rahmen weiterzuentwickeln gilt.

Was will die FAU?

ALLES - und das ziemlich hurtig, denn unserer Einschätzung nach ist die Welt keine Kugel, sondern ein Würfel, und er droht im Moment grade mal wieder, auf die 7 zu fallen. Mit anderen Worten: Die Herrschenden aller Länder bereiten konsequent und mit zunehmender Geschwindigkeit neue Verteilungskriege vor; der wirtschaftliche und militär-politische Druck auf die Länder der 3. und 4. Welt nimmt ständig zu. Dazu gleichlaufend, schwinden in den Industrienationen, den imperialistischen Metropolen, die erkämpften Möglichkeiten der politischen Arbeit. Für uns heißt das ganz klar, daß wir in unserer Arbeit nicht an die alten Fehler der libertären Bewegung (Anbetung des Bockprinzips, Theorielosigkeit, Organisationsfeindlichkeit) anknüpfen wollen, andererseits aber auch unsere Lehren aus dem Zerfall der kommunistischen Gruppen und Parteien sowie dem BOOM der vielfach rein ökologisch orientierten Initiativen ohne politische Sprengkraft ziehen. Wir vollen einen verbindlich und kontinuierlich arbeitenden Zusammenhang libertärer Genossen und Gruppen, die – kommend aus allen denkbaren Basis-Initiativen - sich zu einer Organisation auf libertärer Grundlage zusammenschließen. Wir wollen in allen gesellschaftlichen Bereichen den anarchistischen Standpunkt gemeinsam erarbeiten und verbreiten, um wieder zu einem politischen Faktor in diesem Land und damit zu einem Widerstandskern in den zukünftigen Klassenauseinandersetzungen zu werden. Wir rechnen von vornherein mit der Zerschlagung der linken Bewegung in der BRD. Das braucht nun nicht so auszusehen, daß der Staat eine linke Gruppierung nach der anderen in den Knast (Hochsicherheitstrakts usw.) steckt, sondern es wird - was wahrscheinlicher ist - eine verfeinerte Integration der heutigen Linken bedeuten. Das bedeutet auch eine verfeinerte Integration am Arbeitsplatz - man wird noch mehr "atomisiert", d.h. man muß sich nicht so sehr mit Menschen (Chefs, Vorarbeitern usw.) auseinandersetzen, sondern mit Computerentscheidungen – ein klarer Beweis mehr, daß die Sache (des Kapitals) den Menschen bestimmt und nicht, wie sich vielleicht noch heute einige Wirtschaftsbosse einbilden, der Mensch die Sache.

Wat nu? (frei nach Lenin - oder nach Trotzki?) Wir planen für den Herbst einen Kongreß, auf den sich viele anarchosyndikalistische und anarchistische Gruppen und Einzelpersonen zusammenfinden sollen, um über eine bundesweite anarchistische Organisation zu beraten. Diese 0rganisation soll eine politische Minimalplattform haben, die zur Zeit ausgearbeitet wird und auf dem Herbstkongreß diskutiert werden soll. Ferner soll dort über Struktur und Aufbau der Organisation beraten werden. Kontakte und Informationen dazu sind im FAU-Büro Hamburg, Ottenser Hauptstr. 35a, 2000 Hamburg 50, Tel. 040/394871 zu erhalten.

"Wir müssen mit Zähigkeit und Eifer diesen grandiosen Plan in den vor uns liegenden zwei Jahrzehnten in die Tat umsetzen" (Hua Guo-Feng 1977)