Zäune

WIR WERFEN DIE WURFANKER IN DIE ZUKUNFT!

ZUKUNFT HEISST: Nie wieder Zäune!

Nach den erfolgreichen Widerstandsaktionen der AKW-Gegner 1976/77 (Whyl, Brokdorf, Grohnde) trat eine Wende hin zu einer angstvoll, resignativen Stille ein, hauptsächlich hervorgerufen durch das nunmehr offen repressive Auftreten und der oft erfolgreichen Kriminalisierung der Bewegung durch den Staat. Diese Situation der Angst und Orientierungslosigkeit wurde vom Staat dazu benutzt, die Anti-AKW-Bewegung auseinander zu dividieren, und in militante und gewaltfreie zu unterteilen. Dieses erreichte 1977 in der Spaltung der Brokdorf - Itzehoe-Demonstration am 19.2. seinen vorläufigen Höhepunkt und hat sich bis heute in dem Wahlrummel des grünen und bunten Parlamentarismus etabliert. Aufgrund dieser politischen Lage begann der Staat mit einer neuerlichen Offensive zur Realisierung seiner Programms. Dieses kommt offensichtlich zum Ausdruck in den Gerichtsentscheidungen, wie z.B. im Brokdorf-Urteil das Schleswiger Verwaltungsgericht oder wie jüngst bei einer Tagung des Atomforums in Berlin, wo führende Vertreter der Atomindustrie die Lage für die Durchsetzung des Atomprogramms sehr positiv einschätzten.

Zur aktuellen Situation der Anti-AKW-Bewegung am Beispiel der Bundeskonferenz in Brunsbüttel (19./20.4.1980).

Gerade auf dieser Bundeskonferenz wurde der augenblickliche Zustand der Resignation und Ratlosigkeit am offensichtlichsten. Dieses wurde besonders deutlich in den "Diskussionen“ über die Schwerpunktsetzung im Widerstand, die fast unmöglich geworden zu sein scheint. Immer mehr reagieren wir auf das Konzept der räumlichen Aufsplitterung der AKW-Standorte, z.B. jenem noch abenteuerlichen Konzept der Auf- und Wiederaufbereitung des Nuklearbrennstoffs (Gronau, Arhaus, Borken und Gorleben), mit einem falsch verstandenen "Regionalismus" , der überregionale Koordination kaum noch zuläßt. Auch daraus entwickelt sich diese Ratlosigkeit, keine gemeinsamen Ansatzpunkte mehr finden zu können, an den sich Widerstand massenhaft mobilisieren läßt. Sicher darf kein Punkt und kein Standort vergessen werden, wir müssen aber sehen, daß aus der Geschichte heraus bestimmte Orte und Aktionen einen stärkeren politischen Symbolgehalt haben, wobei das gerade Brokdorf zu nennen wäre. Gerade an diesen Symbolen läßt sich wieder eine im Moment vermißte Einheitlichkeit der Bewegung herstellen. Das trifft genauso für die Form des Widerstandes zu. Auch aus den Erfahrungen der Aktionen in Lüchow-Dannenberg halten wir_es für sehr gefährlich, aus der Angst vor der Konzequenz des illegalen Widerstandes nur auf vollig legale, vorbestimmte und ohnmächtige gewaltfreie Aktionen hin zu orientieren. Es muß einfach mal gesehen werden, daß die Festlegung auf diese legalen Formen des Kampfes in Gorleben praktisch nichts verhindert hat, ja ganz im Gegenteil durch den einvernehmlichen Bürgerdialog die Bauarbeiten an der WAA ihrem eigentlichem Zeitplan sogar voraus sind. Aus der Erfahrung von über einem Jahr Widerstand in Gorleben und den Äußerungen führender Köpfe der Bürgerinitiative, die sich dort für das Sprachrohr der Bevölkerung hält, können wir auch von der am 3.Mai beginnenden Besetzungsaktion nichts anderes erwarten als einen eingleisigen, verordneten Widerstand auf vom Staat vorgegebenen Bahnen, die uns in den Atomstaat führen werden. Zwar gibt es da vage Hoffnungen, neue Kampfformen zu finden, was wir auch nicht ablehnen, aber es wäre gefährlich und geschichtslos, diese im wesentlich wohl gewaltfreien Aktionen zum Dogma zu machen. Genauso falsch wäre es natürlich, die mit diesen Kritikpunkten verbundene Gorleben-Aktion alternativ zu Brokdorf zu sehen. Wir werden auch darauf hin mobilisieren und unsere Vorstellungen einbringen. Aber z.Zt., aus der immer wieder neu einzuschätzenden Situation, ist Brokdorf der Schwerpunkt unserer Arbeit. Gerade hier sehen wir auch aus den geschichtlichen Erfahrungen heraus, die Voraussetzung für einen vielfältigen effektiven Widerstand. Als da wären: die internationale Symbolwirkung des Begriffs Brokdorf. Auch wird hier eine aus der Geschichte entwickelte Mehrgleisigkeit demonstriert, denn besieht sich Mensch die erste Aktion in Brokdorf, so war dort dieser Widerspruch zwischen legal und legitim nicht vorhanden. Daraus ergibt sich für uns die Notwendigkeit einer Großaktion in Brokdorf zum frühst möglichen Zeıtpunkt und noch vor Baubeginn. Um gerade aus unserer Passivität herauszukommen, nicht nur zu reagieren, sondern zu agieren, unseren Widerstand selbst inhaltlich und zeitlich zu bestimmen, die uns vom Kapitalismus angelegten Ketten aus Resignation und Spaltung abzulehnen und das Glatteis der Hoffnung in Wahlbeteiligung zu verlassen. Darin muß unsere Perspektive bestehen. In vielfälltigen Aktionen, der Einheit aller Kampfformen, von militanten Aktionen kleiner Gruppen ( Starkstromleitungen sind auch Zäune ) bis zu Mastenaktionen jedwedigen Charakters. Deshalb laßt uns den Bauzaun von Brokdorf in die Bohrlöcher von Gorleben stopfen.